Pforzheimer Zeitung, 09.11.1999:

Gabriele Münsters Bilder mit Durchblick

Dass sie immer wieder auf die Namensähnlichkeit mit Kandinskys Weggefährtin Gabriele Münter angesprochen werde, mache ihr gar nichts aus.

"Im Gegenteil", lächelt die Pforzheimer Malerin Gabriele Münster, "ich fühl mich da geschmeichelt." Dann klebt sie eilig noch ein paar Nummern-Etiketten auf ihre Bilderrahmen, bevor die Vernissage beginnt. Wer jedoch in den Acrylgemälden und Materialcollagen der Künstlerin nach Ähnlichkeiten mit der berühmten Vorgängerin vom Staffelsee sucht, dürfte schwerlich fündig werden. Insbesondere ihre neuen Werke auf Plexiglas sprechen deutlich die Sprache der heutigen Zeit: Transparenz, Leichtigkeit, ja sogar eine gewisse Schwerelosigkeit scheinen die drei jeweils in Grün, Rot und Orange gehaltenen Figurengruppen widerzuspiegeln, die auf durchsichtigen Kunststoffplatten in Fensteröffnungen der Alten Kelter schweben. Malerei, die nicht allein platzgreifend wirkt, sondern die dem Betrachter buchstäblich Durchblick gewährt auf das, was sich dahinter abspielt. Zugleich bestimmt das zur jeweiligen Stunde durch die Fenster hereindringende Tageslicht das Erscheinungsbild der Malerei, mal hell durchleuchtet, mal eher dämmrig, mal vor nachtschwarzem Hintergrund.

Eine kräftige Strichführung wie auf den Plexiglasbildern charakterisiert auch die Aktmalerei von Gabriele Münster, die teils monochrom, teils in Erdfarben auf Papier und Leinwand ausgeführt ist. Es ziehe sie immer mehr zur Abstraktion, bekennt die 48jährige Künstlerin, die aber nicht als Anhängerin der "Neuen Wilden" missverstanden werden möchte. Vielmehr begreife sie gegenständliches Zeichnen und Malen als Voraussetzung, um ihre Sujets abstrakt verformen und abändern zu können. Viele ihrer Anregungen schöpft die Malerin aus Landschaftseindrücken der französischen Bretagne und der italienischen Toskana. Das gilt auch für die Sammlung kleinformatiger Material-Collagen: Lange Pinien-Nadeln arrangiert zu einem Waldboden-Muster, eine platt gedrückte Getränkedose, ein Holzfundstück. Ihn habe besonders beeindruckt, dass es der Künstlerin gelungen sei, aus alltäglichen Gegenständen, die gemeinhin weggeworfen würden, ein Kunstwerk zu schaffen, lobte der Mönsheimer Bürgermeister Thomas Fritsch in seiner Begrüßung. Schade nur, dass ausgerechnet diese spielerischen Collagen nicht verkäuflich sind.

Chris Heinemann